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Seit dem 13. Jahrhundert war die Hauzenberger Kirche religiöses Zentrum von Hauzenberg und allen umliegenden Ortschaften im heutigen Stadtgebiet Hauzenberg. Erst die Kirchenneubauten in den Schulorten der ehemaligen Gemeinden im 20. Jahrhundert leiteten eine Dezentralisierung der kirchlichen Betreuung ein. Kirche St. Vitus (Foto: Federhofer)
01_St. Vitus in Hauzenberg

Die St.-Veit-Kirche

Die Kirche war zu allen Zeiten Stolz und Aushängeschild eines Ortes. In ihrer Bauweise und dem verwendeten Material repräsentierte sie die jeweilige Region, das handwerkliche Können der Menschen, die hier lebten, und ihren Wohlstand. In ihren unterschiedlichen Bauphasen spiegelt sie auch die Bevölkerungsentwicklung wieder, denn sie ist über die Jahrhunderte gleichsam mit der Bevölkerung mitgewachsen.

 

 

Entstehungsgeschichte der Kirche und Pfarrei

Wie in den anderen Marktorten des Abteilandes prägte auch hier in Hauzenberg das dominante Kirchenareal am Kreuzungspunkt der ehemaligen Zufahrtstraßen zum Markt seit jeher das Ortsbild.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Kirche bildete gleichsam das Eingangstor zur Marktsiedlung, was darauf hindeutet, dass sie gemeinsam mit dieser in einem Gründungsakt entstanden ist und nicht erst nachträglich eingefügt wurde, als sich der Ort aus kleinen Anfängen zu einem Markt- und Zentralort entwickelt hatte. In diesem Fall hätte sie wohl nicht mehr diesen Vorzugsplatz am Ortseingang erhalten, den Richard Miller folgendermaßen beschreibt:

 „Der Standpunkt unserer Kirche ist der günstigste im Markt; sie steht auf beherrschender Höhe, auf einem Platz, der für eine Adelsburg oder einen Edelhof geeignet gewesen wäre. Es sind allerdings keine Belege für einen Herrensitz an diese Stelle vorhanden. Jedoch besteht durchaus die Möglichkeit, dass hier das problematische Geschlecht der Hauzenberger oder das für unseren Ort sicher beglaubigte Geschlecht der Puchberger oder der Päschinger sesshaft gewesen.“[1]

 

Einen ersten schriftlichen Hinweis auf das Bestehen einer Kirche in Hauzenberg mit pfarrlichen Rechten fand Paul Praxl in einem Lehensbuch der Herrschaft Hals. Dort sind  24 Zehenthäuser in der Pfarr zu Hauzenberg genannt, mit denen die Brüder Conrad und Gerung auf Tittling belehnt waren.[2] Das Lehensbuch stammt zwar aus dem Jahr 1460, aber Praxl kann die dort genannten Personen der ersten Hälfte des 13. Jh. zuordnen.

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Die älteste Passauer Bistumsmatrikel des 13./14. Jahrhunderts erwähnt die Kirche in Hauzenberg noch nicht. Die zweite aus dem 14. Jahrhundert nennt Kellberg und Hauzenberg getrennt voneinander: Chelnperg / Hawczenperg.[3]

1342 wird die Kirche von Hauzenberg dann erstmals zweifelsfrei als Filialkirche von Kellberg genannt: Item idem plebanus (de Chellenperg) dabit de filiali ecclesia de dote ibidem Hawtzenperg ½ libr. den.[4]

Der Pfarrer von Kellberg war also zur Abgabe von Zehenten für die Filialkirche Hawtzenperg in Höhe von ½ Libera = 1 Pfund verpflichtet.

Schon im Verlauf des 14. Jarhunderts erlangte die Hauzenberger Kirche eine relativ eigenständige Position und wurde, wie Herbert W. Wursters vermutet, im Zusammenhang mit der Markterhebung zu einem Pfarrvikariat erhoben. [5]  Der Begriff Vikariat beinhaltet nach Wurster „zum einen, dass es sich um einen aus einer älteren Pfarrei abgetrennten Tochtersprengel handelt und zum anderen, dass dieser Sprengel faktisch selbständig ist.“[6]

Der höhere weltliche Rang des Marktes Hauzenberg gegenüber dem Dorf Kellberg dürfte seiner Meinung nach auch der Grund gewesen sein, „dass man auch auf dem kirchenrechtlichen Bereich an eine Umänderung der Rangordnung dachte, und daher in jüngeren Bistumsmatrikeln Hauzenberg vor Kellberg nannte."


Dennoch blieb Hauzenberg Vikariat und Kellberg Pfarrei.  Hauzenberg musste noch in sehr viel späteren Zeiten den Tochterstatus gegenüber Kellberg durch Zahlungen und geistliche Verrichtungen auch nach außen hin bekunden.

Seit Anfang des 15. Jahrhunderts galt Hauzenberg und Kellberg als dem Passauer Innbruckamt inkorporierte Doppelpfarrei, sie wurde zur sog. Prugg Pfarre, die einen Teil der Einnahmen für den Unterhalt der Innbrücke abliefern musste. Das Innbruckamt unterstand dem Passauer Domkapitel und war für den Unterhalt der Innbrücke zuständig. [7]
Erst mit der Auflösung des Hochstifts Passau im Jahr 1803 wurde auch die Pfarrei Hauzenberg vom Innbruckamt losgelöst.

 

Baugeschichte der Kirche

Der erste stilistisch eindeutig nachweisbare Kirchenbau in Hauzenberg stammt aus der Spätgotik, also aus dem frühen 15. Jahrhundert.

Es war die Zeit, in der im gesamten Abteiland ein enormer Eifer für den Kirchenbau festzustellen ist.[8]

So entstanden im spätgotischen Stil neu erbaute Kirchen in Kellberg, Untergriesbach, Obernzell, Gottsdorf und Wegscheid. Die spätgotische Kirche war deshalb über Jahrhunderte zum vorherrschenden Bautyp der Pfarrkirchen auf dem Land geworden. Im 14./15. Jahrhundert wurden im Zuge der Verdichtung der Seelsorgeorganisation noch zusätzliche Filialkirchen, wie die Kirche in Haag, gebaut.

 

 

Das Aussehen der spätgotischen Hauzenberger Kirche dürfte in der Zeichnung des Malers Johann Ertl aus dem Jahr 1746 festgehalten sein. Hier ist die Nordostansicht des Marktes, insbesondere die frühere Straßen- und Wegführung detailgetreu wiedergegeben.[9] Da  weder das Aussehen der Kirche noch die dominanten Gebäude im oberen Markt der Zeit des 18. Jahrhunderts entsprechen, ist anzunehmen, dass Ertl eine wesentlich ältere Vorlage benutzt hat.

Die Kirche ist hier als einschiffiger Bau mit einheitlichem Dachfirst vom Chor bis zum Turm dargestellt. 

Reste des spätgotischen Chores sind bis heute erhalten geblieben. Sie wurden in den Kirchenneubau vom Jahr 1971 als sog. Werktagskirche integriert.[10]

Die Zeichnung von Ertl widerlegt auch die Behauptung in den Kunstdenkmälern von Bayern, dass das Langhaus bereits bei der Erbauung der spätgotischen Kirche im frühen 15. Jh. dreischiffig angelegt war.[11]

Der Autor, Hermann Röttger, beruft sich dabei auf die spätgotischen Mauerteile in den Außenmauern der Seitenschiffe, die in der Grafik durch Schwarzdruck kenntlich gemacht sind. Er lässt aber unberücksichtigt, dass im 16. Jahrhundert eine umfangreiche Erweiterung der Kirche vorgenommen wurde, bei der das Mittelschiff erhöht und die zwei Seitenschiffe noch im spätgotischen Stil angebaut wurden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am linken Bildrand ist der obere Abschnitt des einzigen, bis zum Kirchenneubau 1971 erhaltenen gebliebenen spätgotischen Fensters, das sich über dem Öffnungsbogen vom nördlichen Seitenschiff zur Seelenkapelle befand, abgebildet. Beim Kirchenneubau ist dieses wertvolle Bauteil leider verloren gegangen. Das spätgotische Maßwerk aller anderen Fenster in Chor und Langhaus wurde im Zuge des Kirchenneubaus im 19. Jahrhundert aus heute unbekannten Gründen erneuert.

 

Auf den umfangreichen Umbau des Langhauses und den Anbau der Seitenschiffe wies die Jahreszahl 1596 am Übergangsbogen vom Chor zum Langhaus hin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Zeichnung von Joseph Haas aus dem Jahr 1720[12] zeigt diese seitliche Erweiterung der Kirche.

Hier ist im Anschluss an den Chor, bereits das angebaute, nördliche Seitenschiff zu sehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Chor und Langhaus hatten damals noch eine einheitliche Firsthöhe und die Kirchturmspitze zeigt noch die formschöne, frühere Zwiebelkuppel mit nach oben hin abschließender Laterne.

 

 

Anbauten an die Kirche

Die obige Graphik aus den Kunstdenkmälern von Niederbayern zeigt auch die im Jahr 1660 an das nördliche Seitenschiff angebaute Seelenkapelle mit halbrunder Apsis. Hier sorgten 2 Rundbogenfenster für die Belichtung des Raumes. Eingewölbt war die Seelenkapelle mit einem Tonnengewölbe. Richard Miller vermutet, dass sie als Begräbnisstätte für die Pfarrherrn gebaut wurde.[13] Möglich wäre auch, dass sie, wie andernorts,  als Beinhaus (Karner) diente.

 

In einer Urkunde vom 28. März 1708 ist von einer Stiftung an die Hauzenberger Rosenkranzbruderschaft die Rede, die, wie es heißt, „in der an die Pfarrkirche daselbst angebauten Kapelle errichtet worden ist.“[14] 

R. Miller vermutet, dass es sich bei dieser Kapelle der Rosenkranzbruderschaft, die, wie er schreibt, 1667 gegründet wurde, um die Seelenkapelle handelt.[15]

Im Jahr 1765 ist im Rahmen einer Jahresmessstiftung des verstorbenen Pfarrvikars Simon Thädeus Neulinger von einer bei der Pfarrkirche zu diesem Zweck neu zu erbauenden Johann-Nepomuk-Kapelle die Rede. Ob und wann diese Kapelle gebaut wurde, ist heute ebenso unbekannt wie deren Lokalisierung. [16]

 

Unter Plannummer 1, HNr. 2 ½ und Besitzobjekt: Kirche bzw. Pfarrgotteshaus sind in der Beschreibung des Brandversicherungsprotokolls vom Jahr 1819 aufgeführt:

Das gemauerte Pfarrgotteshaus,

der gemauerte Turm,

das gemauerte Taubnkammerl, 

die gemauerte Fraunkapell.[17]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. links, aus: Röttger, Bernh. Hermann,                     Abb. rechts: Grundriss der Kirche 1829, Ausschnitt aus  Kunstdenkmäler von Niederbayern, Bd. XI,                   dem Lageplan von Hauzenberg, Landesvermessungsamt

Bezirksamt Wegscheid, Mü. 1924, S. 40                      München, Beilage zu N.O. XXVI.65:

 

Leider ist aus der Zeit des frühen 19. Jahrhunderts keine Detailansicht der Kirche überliefert, so dass auch die hier genannten Anbauten wie Frauenkapelle und gemauertes Taubenkammerl, das im Turmbereich zu vermuten ist, heute nicht mehr exakt zu lokalisieren sind.

Die rechte Abbildung allerdings zeigt an der Nordseite des Langhauses Richtung Turm einen weiteren Anbau, bei dem es sich um die Frauenkapelle, die Kapelle der Liebfrauenbruderschaft, der ältesten Hauzenberger Bruderschaft, handeln könnte.[18]

 

Im Liquidationsprotokoll von 1839 sind nunmehr unter HNr. 1 genannt:[19]

 

Pl.Nr.

Beschreibung des Objekts

Bemerkung zum Besitz

1

Kirche und Kirchhof

Seit unfürdenklichen Zeiten Eigenthum der Pfarrkirchenstiftung

115

Der Friedhof der unschuldigen Kinder

Schulhäusl

Seit unfürdenklichen Zeiten Eigenthum der Pfarrkirchenstiftung

116

Der Schulstadl

Der Stadl ist Eigentum des Lehrers Xaver Kumpfmüller; Grund und Boden aber gehören zur Pfarrkirche

 

 

Erweiterung der Kirche von 1848 bis 1851

Unmittelbar nach dem großen Marktbrand vom 31.3.1840 fanden erste Vorgespräche und Verhandlungen über eine Erweiterung der Kirche bzw. deren Neubau statt. Die gesamte Planungsphase sollte sich dann aber fast ein Jahrzehnt hinziehen.

Bereits am 28. Mai 1840 ging ein erstes Gesuch der Hauzenberger Kirchenverwaltung an das königliche Landgericht Wegscheid, in dem die Dringlichkeit eines Neu- bzw. Erweiterungsbaues nachdrücklich betont wurde:

 „Das Bedürfnis einer größeren Kirche in Hauzenberg ist vorhanden und in einem Grade dringend, daß mit der Erweiterung der jetzigen Kirche oder einem Neubau keinen Augenblick gewartet werden soll.“[20]

 

Anlass für dieses Bauvorhaben waren, entgegen den Angaben in den Kunstdenkmälern von Bayern, nicht die Schäden an der Kirche infolge des Marktbrandes von 1840. Die Kirche blieb damals nachweislich weitgehend unversehrt. Lediglich der Turm, so heißt es, „brannte schon und wurde nur durch das tapfere Eingreifen des Zimmermannssohnes Joseph Färber gerettet, der auch den Hühnerstall des Pfarrers vor völliger Zerstörung bewahrte.“[21]

Das Landgericht Wegscheid war zunächst gegen einen Neubau der Kirche. Eine Landgerichtskommission urteilte im Jahr 1842: „Ihr Styl beweist den würdigen Geschmack der Vorzeit. Sie zu vernichten wäre eine unverzeihliche Versündigung“[22]

 

Als Hauptgrund für den geplanten Neu- bzw. Erweiterungsbau wird von den Hauzenbergern im Baugesuch vom 28.5.1840 der eklatante Platzmangel in der damaligen Kirche genannt:

„Die dermalige Kirche wird mit 1500 Personen gedrängt voll und da die Pfarrei mehr als 4000 Seelen zählt, so kann angenommen werden, daß jeden Sonn- und Feiertag 3000 Personen, mit Einschluß derjenigen, welche aus den Nachbarpfarreien wegen der Nähe hierher kommen, dem pfarrlichen Hauptgottesdienst beiwohnen wollen. Bei diesem Umstand kann eine große Menge der Andächtigen nicht in die Kirche eintreten und selbst diejenigen, welche in der Kirche auf dem Pflaster stehen, und nicht in den Stühlen sich befinden, sind durch das Gedränge von der wahren Andacht abgehalten.“[23]

 

Im Schreiben vom August 1844 heißt es dazu: „Von den jeden Sonn- und Feiertag zur Anhörung des Hauptgottesdienstes herbeikommenden kann kaum mehr als die Hälfte nicht in die Kirche. Sie stehen auf dem Friedhof umher und solche, welche den Kirchenbesuch als eine Last erkennen, finden am Mangel des Platzes in der Kirche nur zu leicht einen Entschuldigungsgrund, hiemit ganz wegzubleiben. Selbst diejenigen, welche in der Kirche dem Gottesdienst beiwohnen, sind durch das Gedränge von der wahren Andacht und der innigen Gemüthserfahrung abgehalten. Insbesondere ist die Schuljugend gänzlich von dem Besuche des sonntäglichen Gottesdienstes ausgeschlossen.“[24]

In diesem Zusammenhang wird auch vor einem Verfall der Sitten und der Moral gewarnt:
„Es ist wirklich traurig, hierorts ansehen zu müssen, wie die Jugend so ganz von dem Gottesdienste ausgeschlossen, die Vernachlässigung des Kirchenbesuches gewahr, wie so viele der Pfarrleute den Religions- und Kanzelvorträgen der Priester entbehren müssen und so den Leichtgesinnten das, was auf Religion Bezug hat, gleichgültig wird, wie allgemein die Moralität abnimmt. Wahrlich diesem Zustande hätte schon vor Jahrzehnten abgeholfen werden sollen!“

 

Nachdem sich die Verhandlungen aber weiter hinzogen und die Baugenehmigung auf sich warten ließ, schreibt die Hauzenberger Kirchenverwaltung am 13. November 1845 schon etwas entnervt an die königliche Regierung:

 „Verschoben kann der Bau nicht werden, davon wird sich jedermann sogleich überzeugt haben, wenn er an jedem Sonn- und Feiertag Hunderte während des Hochamtes und der Predigt auf dem Kirchhofe beten, oder bei üblem Wetter in die Wirtshäuser ziehen sieht, weil die Kirche noch mehr überfüllt ist, als sie schon bei den 2 Messen war, welche dem Hochamte und der Predigt jedesmal vorausgehen.“[25]

Weiter heißt es im selben Schreiben:

„Die königliche Regierung wird es uns bei diesen Umständen nicht übel nehmen, wenn wir wiederholt die unterthänigste Bitte wagen, daß die projektierte Erweiterung unserer Pfarrkirche samt Verlegung des Friedhofes nicht verschoben, sondern ungesäumt und wenn immer möglich schon im nächsten Frühjahr ins Werk gesetzt werde. Zu dieser Huld und Gnade empfehlen wir uns demütigst einer königlichen Regierung.

Unterthänigst gehorsamste Kirchenverwaltung Hauzenberg.“

 

Die Geduld der Hauzenberger wurde aber noch 3 Jahre auf eine harte Probe gestellt. Erst 1848 konnte mit der Erweiterung der Kirche begonnen werden und bereits 1851, nach nur drei Jahren Bauzeit, war dieser umfangreiche Erweiterungsbau abgeschlossen.

Verzögert wurde der Baubeginn zunächst vor allem aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen und Vorschläge, was Art und Weise bzw. Umfang dieser Baumaßnahme betraf. Ursprünglich favorisierte man von amtlicher Seite einen vollständigen Neubau der Kirche.

Dazu heißt es im Schreiben des königlichen Landrichters Gutschneider aus Wegscheid an die königliche Regierung vom 30. Juli 1840:

 „Eine Erweiterung der dermaligen Pfarrkirche würde, obgleich auch sehr kostspielig, nie ganz entsprechend sein, weil zur Verlängerung der Kirche nicht Raum genug gegeben ist und die Kirche im Fall einer Verlängerung zu schmal werden würde. Es kann daher nur auf einen Neubau Bedacht genommen werden und dann frägt es sich besonders auch, wo dieser am zweckmäßigsten zu stehen kommt und was mit der alten Kirche geschehen soll. Außerhalb wird man die Kirche nicht wünschen und im Markt ist kein Platz, wenn nicht der jetzt erweiterte Kirchhof etwa auf einem Stücke des Pfarrgartens Raum genug darbietet. Sollte es der Fall sein, so könnte die neue Kirche mit dem Hauptaltar, mit dem Haupteingange gegen das Schulhaus, so an die alte Kirche gestellt werden, daß der alte Thurm für die alte und neue Kirche gemeinschaftlich genutzt und durch des Thurmes Erdgeschoß ein Durchgang aus der neuen in die alte Kirche eröffnet würde. Letztere, deren Abbruch ein Kapital kosten würde, aus dessen Zinsen leicht die Unterhaltung bestritten wird, wäre dann nicht nur als ein Baudenkmal schönsten Stiles bei ihrer großen Solidität für Jahrhunderte erhalten und an Tagen geringeren Kirchenbesuches wie stets zur Aushilfe brauchbar, sondern der Neubau würde wegen der Ersparung des Kirchthurmes, eines Theiles Grundbau und Seitenwand bedeutend um viel wohlfeiler werden als der Werth des durch Abbruch der alten Kirche erzielbaren, größtentheils unbrauchbaren Materials betragen könnte. Überdies kommt auch die neue Kirche wieder an dem angemessensten Platz zwischen Pfarr- und Schulhaus in die Mitte des Marktes zu stehen.“[26]

 

Im Schreiben der Hauzenberger Kirchenverwaltung vom 28. Mai 1840 ist man nicht grundsätzlich gegen einen Kirchenneubau, bevorzugt aber einen Erweiterungsbau der alten Kirche:

 „Eine Vergrößerung wäre durchführbar auf zweierlei Art, wenn nämlich auf der vodern Seite das Presbyterium der Kirche abgetragen und gegen das Wohnhaus des Franz Kaiser hin in der Weite der jetzigen Kirche verlängert und rechts und links eine Seitenkirche in Form eines Kreuzes, im ganzen eine sog. Kreuzkirche gebaut würde. Diese Art der Vergrößerung wäre am wohlfeilsten.

Die zweite Art der Vergrößerung bestünde darin, daß der Thurm und die hintere Mauer der Kirche abgebrochen und gegen das Wohnhaus und den Stadel des Johann Friedl verlängert und der Thurm an einer Seite der Kirche neu aufgebaut würde. Diese Vergrößerung würde mehr dem Zweck entsprechen und die jetzige Kirche gänzlich erhalten. Auf diese Art könnte die Kirche um 5 Pfeiler á 15 Schuh Höhe und 75 Schuh verlängert werden. Um allsdann  auch der Bauart mehr Gleichheit zu geben, so müsste der rechte Seitengang der jetzigen Kirche, welcher im Süden enger ist als auf der linken Seite, ebenfalls abgebrochen werden und um 5´erweitert aufgebaut werden."

Weiter unten heißt es im selben Schreiben: „Durch diese Art der Vergrößerung würde die jetzige Kirche gänzlich erhalten, dem Zwecke in Hinsicht der Größe vollkommen entsprechen und die Kosten betragen nach Äußerung des Maurermeisters Lahnethuber aus Vilshofen, welcher den Thurm für 400 fl abbrechen und für 4000 fl neu aufbauen will, weit weniger als die eines Neubaues, mit welcher die unterzeichnete Verwaltung nicht einverstanden ist.“

Der Magistrat von Hauzenberg überließ die Entscheidung, ob Kirchenneu- oder Erweiterungsbau, zwar der königlichen Regierung, tendierte aber dennoch, wie es scheint, mehr zu einem Neubau. Das geht aus einem Schreiben an das königliche Landgericht Wegscheid vom 26. Nov. 1842 hervor:

Es gibt in Hauzenberg keinen geeigneteren Platz für einen Kirchenbau als den, wo der jetzige Pfarrhof steht, von dem sich das königl. Landgericht bereits im abgeschlossenen Jahre im Verein mit der königl. Bauinspektion Passau selbst überzeugt hat, und daher hegt man die sichere Hoffnung, dass Sr. Majestät, unser allergnädigster König, die Benedizierung zur Vergrößerung der gegenwärtigen Pfarrkirche in der Art geben werde, wie die Einleitung hiezu gemacht ist.

Um jedoch für den Fall, dass aber die allergnädigste Bewilligung nicht zur Vergrößerung der gegenwärtigen Pfarrkirche, sondern zur Beibehaltung derselben und zum Kirchenneubau auf einem anderen angemessenen Platz in Hauzenberg herablassen sollte, Vorsorge zu treffen, bringt man als solchen den Pfarrhofgarten in Vorschlag. Dieser ist der geeignetste Platz in Hauzenberg, er würde dem Markte Hauzenberg, welcher wegen seiner hohen Lage aus weiter Ferne gesehen wird, eine Zierde geben und ließe auch an Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit nichts zu wünschen übrig, da sie so in der Nähe des Pfarrhofes, des Schul- und Mesnerhauses, ja sogar wieder fast in der Mitte des Marktes am Scheitel des in Form eines stumpfen Winkels erbauten Marktes stünde. Auch zur Einsparung von Kosten trüge dieser Bauplatz bedeutend bei. Ganz in der Nähe der jetzigen Kirche könnte die neue von dieser aus leicht mit allen Paramenten versehen werden, so selbst das Geläute der alten würde zugleich der neuen Kirche dienen. Auch der Friedhof könnte um die neue Kirche herum angelegt werden und zugleich mit dem alten, welchem es ohnehin an Raum gebricht, in Verbindung gebracht werden und dieser würde dann zugleich von den Wohngebäuden des Marktes entfernt liegen.“[27]

 

Nach langem Hin und Her blieb es aber letztlich doch beim ursprünglichen Vorschlag von 1840, wonach der Turm und die Westwand abgebrochen und das Langhaus um 3 Joche verlängert wurde. Offensichtlich erneuerte man dabei auch die gesamte Dachkonstruktion und reduzierte die Firsthöhe im Chorbereich auf die heutige Höhe.

Auch der rechte Seitengang (Südseite), der laut Schreiben von 1840 enger war als auf der linken Seite, dürfte in diesem Zusammenhang abgebrochen und die südliche Außenmauer mit den zwei Eingangsportalen weiter nach außen bzw. nach Süden gerückt worden sein.[28]

Der neue Turm erhielt seine heutige, recht schlichte, aber witterungsbeständigere Spitzhaube.

 

 

Die großzügig umgebaute und erweiterte Kirche, die mit ihrem neugotischen Stil die sog. Bischof Heinrich Kunst repräsentierte, wurde am 9.7.1851 nach dreijähriger Bauzeit vom Passauer Bischof Heinrich Hofstätter (1839 – 1875) feierlich eingeweiht. Im gleichen Jahr wurde auch der neue Friedhof geweiht.

An der sich insgesamt aber über ein Jahrzehnt hinziehenden Kirchenbaumaßnahme waren drei Pfarrherren beteiligt:

Pfarrer Eustach Kolbmann (1834-1846)

Johannes Eras (1846-1850)

Martin Waas (1850-1862)

 

 

Anbauten an die erneuerte Kirche

Im Jahr 1850 wurde auch der Ölberg an der Südseite des Chores errichtet, der den hohen handwerklichen Standard der damaligen Hauzenberger Steinhauerzunft repräsentiert. Reste davon befinden sich heute in einer Gartenanlage am Gutenbergsteig.[29]

 

 

Die reparaturbedürftige Hauzenberger Kirche im Jahr 1971; im Vordergrund, an der Südseite des Chores, der Ölberg und an der Ostseite das Kriegerdenkmal.

 

 

Das Kriegerdenkmal an der Ostseite des Chores wurde nach dem 1. Weltkrieg für die Gefallenen aus der Pfarrei Hauzenberg vom Bildhauer K. Kuolt geschaffen.

 

Es wurde am 21. Sept. 1924 geweiht.

Der Eintrag in der Pfarrchronik dazu lautet: „Bei herrlichem Wetter u. zahlreicher Beteiligung von hier und auswärts wurde das 6000 Goldmark werte Kriegerdenkmal enthüllt und geweiht.

Am 24. Okt. 1924 kritisiert der damalige Pfarrer Joseph Breuherr, dass "durch das Kriegerdenkmal  der Ölberg verdrängt wurde". Die neue Malerei besorgte, wie er schreibt, "nach eigenen Heften in etwa 10 Tagen der Steinbruchbesitzerssohn Johann Kinateder".

 

 

 

Ostansicht der ehemaligen Hauzenberger Kirche mit Presbyterium, Sakristei und Seelenkapelle:

Südlich davon liegt der ehemalige Pfarrhof, mit seinen Wirtschaftsgebäuden. Ein Eintrag von Pfarrer  
Breuherr in den Regesten der Pfarrchronik Hauzenberg berichtet, dass im Oktober 1910 beim Abkratzen
des steinernen Türstocks des Pfarrhofes die Inschrift 17 J G S P 23 zum Vorschein kam. Breuherr  führt  die Initialen auf den damaligen Pfarrer Johann Georg Schmidt, parochus (lat. Pfarrer) zurück.

 

Nördlich an den Chor ist die Sakristei angebaut. In dieser deutlich überproportionierten Form mit darüberliegendem Oratorium (Gebetsraum) entstand  sie im Jahr 1891 unter Pfarrer Rothenaicher.[30]

Westlich an die Sakristei schließt die Seelenkapelle mit ihrer halbrunden Apsis an, die 1660 angebaut  wurde.

 

 

Innenausstattung der Kirche von 1851

Ein Großteil der Kircheneinrichtung wurde, dem Geschmack der damaligen Zeit entsprechend, neu angeschafft; so der Hauptaltar und die beiden Seitenaltäre sowie der Predigtstuhl.

 

 

 

 

Neugotischer Hauptaltar der ehemaligen Hauzenberger Kirche mit neugotischem Predigtstuhl

 

1736 sind in der Hauzenberger Pfarrkirche insgesamt noch vier Altäre aufgeführt:

  • Der des Kirchenpatrons Vitus (Hauptaltar);
  • der Altar der Gottesmutter (linker Seitenaltar);
  • der Altar Johannes des Täufers (rechter Seitenaltar)
  • und der Rosenkranz- bzw. Petrus, Paulusaltar (Altar in der Seelenkapelle)[31]

 

Warum die spätgotischen Altäre Mitte des 19. Jahrhunderts durch neugotische ersetzt wurden, ist ebenso unbekannt wie ihr Verbleib. Vermutlich sollten alle Einrichtungsgegenstände einen einheitlichen neugotischen Stil repräsentieren.

Nur der linke Seitenaltar scheint wohl aufgrund seiner künstlerischen Qualität auch damals als erhaltenswürdig eingestuft worden zu sein und fand einen neuen Platz in der Seelenkapelle.[32]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Linker neugotischer  Seitenaltar, der nach dem Umbau Mitte des 19. Jahrhunderts erneuert wurde.

 

 

 

 

         Rechter neugotischer Seitenaltar aus der Mitte des 19. Jahrhunderts

 

 

Die Pfeiler des ehemaligen Langhauses schmückten ursprünglich barocke bzw. rokokozeitliche Holzstatuen, die später auf zwei (St. Johann Nepomuk und St. Franziskus) reduziert[33] und schließlich ganz entfernt wurden. Letztere fanden einen Platz an der Westwand der Kirche zu beiden Seiten des Turmeingangs.[34]

 

                    Die Pfeiler des Langhauses mit Figurenschmuck

 

 

                  Die Pfeiler des Langhauses ohne Figurenschmuck:

 

 

Der spätgotische Flügelaltar


 

 

Besondere Erwähnung verdient der sog. „Freudenseer Flügelaltar“. Es handelt sich um den einzigen im Landkreis erhaltenen mittelalterlichen Altaraufsatz.

 

Die Geheimnisse um die Herkunft dieses spätgotischen Flügelaltares:

Einer mündlichen Überlieferung zufolge, soll dieser Altar aus der ehemaligen Schlosskapelle der Burg Freudensee stammen. Allerdings sprechen einige recht eindeutige Indizien gegen diese geheimnisumwitterte Herkunft.

Der Altar müsste, seinem Alter entsprechend, gegen Ende des 15. Jahrhunderts nach Freudensee gekommen sein bzw. damals für die Freudenseer Kapelle in Auftrag gegeben und gefertigt worden sein. Dass in dieser Zeit ein so kostbarer, wertvoller Altar für Freudensee bestellt wurde, ist aufgrund der damaligen Situation von Freudensee aber äußerst unwahrscheinlich:

Auf Freudensee nämlich saß zu diesem Zeitpunkt ein gewisser Hans Kray. Ihm, seiner Frau und seinem „eheleiblichen Sohn“ überließ Bischof Christoff von Passau am 15.10.1493 Pflege und Schloss Freudensee mit dem Hofgut, den Äckern Wiesen, dem Fischwasser und anderem, „so von alters her dazu gehört.“[35]

Nach dem Wortlaut der Urkunde durfte er aber nichts verkaufen, teilen und schmälern, sondern musste alles baulich und in gutem Zustand halten. Weiterhin wird Hans Kray auferlegt, in das Schloss nach und nach 100 Rheinische Gulden zu verbauen.

Am 4. Mai 1496 scheint Hans Kray schon einige Zeit gestorben zu sein und die Witwe muss vom Bischof zur Verantwortung gezogen werden, weil „das Schloss statt baulich und in gutem Wesen, stark baufällig geworden, die Böden vernachlässigter Bedachung halber mit dem Regen erfaulet und verdorben, dadurch zu besorgen sei, daß es ganz niedergehen möchte.“[36]

 

Es ist somit nahezu auszuschließen, dass ausgerechnet zu dieser Zeit, sei es vom Bischof oder vom damaligen Pfleger, ein neuer und auch damals schon sehr wertvoller, teurer Altar für Freudensee bestellt und bezahlt wurde.

Zudem müssten entsprechend dimensionierte Räumlichkeiten für die Aufstellung eines derartigen Altars vorhanden gewesen sein.

Eine Schlosskapelle auf Freudensee wird zwar bei Röttger in den Kunstdenkmälern erstmals erwähnt, die damals aber bereits in ein „Wohnhäuschen an der Südwestecke des Berings“ umgebaut worden sein soll.[37]

 

Eine Kapelle, die einen so stattlichen, großen Altar beherbergen konnte, müsste im Bereich des Altarraumes die Ausmaße der ehemaligen Hauzenberger Pfarrkirche gehabt haben.

In der Regel überstehen solche Sakralbauten auch die Jahrhunderte eher als Profanbauten. Dass es auf Freudensee genau umgekehrt gewesen sein soll, und von dieser ehemaligen, großzügigen Kapelle gar nichts mehr übrig geblieben ist, gibt ebenfalls zu Zweifeln Anlass.

Diese Kapelle müsste ja bis Mitte des 18. Jahrhundert den Freudenseer Altar beherbergt haben und bis dahin in einem baulich brauchbaren Zustand gewesen sein.

 

Eine andere recht eindeutige Spur zur Herkunft des Altares widerspricht der mündlichen Überlieferung. Sie führt in den Linzer Raum:

Laut Pfarrchronik nämlich stiftete der Priester Johann Baptist Lang, ein gebürtiger Hauzenberger, der damals Administrator auf dem Pöstlingberg bei Linz war, im Jahre 1751 den linken Seitenaltar der Hauzenberger Kirche.

Der von Lang gestiftete Altar wiederum muss identisch sein mit dem linken Seitenaltar der Hauzenberger St.-Veit-Kirche. Von ihm berichtet der aus Donauwörth stammende Prager Akademieprofessor für Baukunst, Architekt und Kunsthistoriker Bernhard Grueber im Jahr 1846 in seinem ersten Buch über den Bayerischen Wald: „...In der zum Theil alten St. Veitskirche hat sich ein schöner gotischer Altar (der linke Seitenaltaltar) erhalten, ganz in Holz geschnitzt, welcher zu den besten Werken dieser Art in Bayern gezählt werden darf.“[38]

Wäre der von Lang nachweislich gestiftete Altar aus der damaligen Ruine Freudensee gekommen, was, wie oben gezeigt, äußerst unwahrscheinlich ist, hätte Lang auch nicht ohne weiteres über diesen Altar verfügen können.

 

Aus den angeführten Gründen spricht alles dafür, dass der Altar aus dem Linzer Raum stammt. Warum man aber seine tatsächliche Herkunft zu verschweigen versuchte, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.[39]

Nach dem großen Umbau der Hauzenberger Pfarrkirche Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dieser Altar in die Seelenkapelle und von dort nach dem Kirchenneubau 1971 in die heutige Werktagskirche verfrachtet.[40]

 

 

Im Chor sind hier noch die spätgotischen Netzgewölbe mit einfach gekehlten Rippen erhalten. Leider sind die Dienste (Auflager dieser Gewölberippen) in Höhe der Fensterbänke abgeschlagen.

Ein Eintrag  des damaligen Pfarrers Breuherr in den Regesten vom 1. Aug. 1914 erklärt, warum diese Dienste abgeschlagen wurden: „Im Presbyterium der Kirche wurde die alte, ganz dunkel bemusterte Leinwandverkleidung entfernt, der zu liebe früher die Wandpfeiler weggestuft wurden – leider!“

Hermann Röttger hält im Übrigen die Art, wie das spätere Langhaus an den alten Chor angebaut wurde, für „wenig glücklich“ und bezeichnet „die Vermittlung zwischen dem Chor und dem das Langhausgewölbe östlich abschließenden Gurtbogen durch Kappengewölbe mit falschen Rippen als unorganisch.“[41]

 

 

 

 

 

Die gotische Sakramentsnische


Da der Flügelaltar  nicht aus der spätgotischen Hauzenberger Kirche stammt, ist das Sakramentshäuschen zur Aufbewahrung des Allerheiligsten der einzige erhalten gebliebene Ausstattungsgegenstand aus der Erbauungszeit der spätgotischen Kirche.

Vor dem Kirchenneubau 1972 war dieses Sakramentshäuschen über dem Eingang zur Sakristei angebracht. Allerdings dürfte es sich ursprünglich, wie bei den gotischen Kirchen allgemein üblich, im Innern der Kirche, im Bereich des Presbyteriums, befunden haben, wo es auch heute wieder seinen Platz hat.

 

Dass der, wie auch Karl Schlager schreibt, „sehr ungünstig gewählte Platz über der Sakristeitür“ nicht der ursprüngliche Standort gewesen sein kann, bestätigt allein schon die Tatsache, dass die Sakristei nach der Kirchenerweiterung im 16. Jahrhundert neu gebaut wurde.[42] 

 

 

In den Kunstdenkmälern von Bayern ist diese Sakramentsnische folgendermaßen beschrieben:

“Charaktervolle, spätgotische Arbeit um 1470-80. Die von zwei fialenbekrönten Säulchen flankierte, mit schmiedeeisernem Rautengitter versehene Nische schließt im Kielbogen; über dem Bogenscheitel erhebt sich eine Fiale mit Kreuzblume; dahinter Maßwerkblenden; gerader Abschluß mit Zinnen. Stein, angestrichen.

H. 0,90 m.“[43]

 

Kirchenneubau 1972

Nach etwas mehr als 120 Jahren genügte diese umfangreich erweiterte und umgebaute Kirche den Anforderungen der Zeit bereits wieder nicht mehr. So brachte 1959 der damalige Pfarrer Heinrich Zellbeck in seiner Jahresschlusspredigt das Anliegen eines Kirchenneubaus erneut an die Öffentlichkeit. Warum das bisherige Gotteshaus, das erst im Jahr 1851 geweiht worden war, bereits nach dieser relativ kurzen Zeitspanne einer dringenden Erneuerung bedurfte, begründete er folgendermaßen:

 „Es war im neugotischen Stil gebaut, mit drei Schiffen und einer völlig ungeeigneten Empore. Weit über die Hälfte der Kirchenbesucher war durch die große Zahl von Pfeilern versteckt und viele andere waren vom Altar so weit entfernt, dass von einer aktiven Teilnahme am Messopfer keine Rede sein konnte.“[44]

Bei der Umsetzung des Projekts zeigten sich dabei erstaunliche Parallelen zum Neubau im 19. Jahrhundert: Auch der Entscheidungsfindungsprozess dauerte ähnlich lange. Über ein Jahrzehnt ging ins Land, ehe man sich auf einen Entwurf für den Kirchenneubau einigen konnte. Auch die dabei auf den Tisch gelegten Vorschläge wiederholten sich: „Zuerst“, so schreibt Pfarrer Zellbeck, „war geplant, einen Neubau in die alte Kirche einzuschieben; dann versuchte man es mit einer Kreuzkirche. Schließlich kam man auf die Idee, die alte Kirche zu sanieren und restaurieren und im Bereich des Marktes eine zweite Kirche zu bauen. All diese Pläne befriedigten nicht.“

Endlich fiel die Entscheidung: Die neue Kirche sollte nach den Plänen von Regierungsbaumeister Hans Beckers und Architekt Josef Lorenz aus Regensburg gebaut werden. Das spätgotische Presbyterium (jetzt Werktagskirche) und der Turm sollten dabei stehen bleiben, aber das gesamte Kirchenschiff abgebrochen werden.

 

Den Abriss der Kirche, den die Landgerichtskommission im Jahr 1842 noch als “unverzeihliche Versündigung“ zurückwies, besorgte unsere fortschrittsgläubige Zeit im Jahr 1971 ohne Rücksicht auf den amtlichen Denkmalschutz und die Leistungen unserer Vorfahren.

 

 

 

„So konnte,“ laut Pfarrer Zellbeck, „zwischen den beiden Baukörpern eine neue Kirche in der Größe 30 x 30 Meter mit etwa 800 Sitzplätzen errichtet werden. In fünf Blöcken rings um den Altar können nun die Kirchenbesucher das Geschehen am Altar in unmittelbarer Nähe verfolgen und aktiv teilnehmen, wie es das II. Vatikanische Konzil verlangt hat.“[45]

 

Bereits am 15. Oktober 1972 wurde die neue Kirche nach nur 1½-jähriger Bauzeit geweiht.

 

              Innenansicht der neuen Kirche mit den halbkreisförmig um den Altar angeordneten 5 Sitzblöcken

 

 

Zwischen spätgotischem Chor und Turm aus dem 19. Jahrhundert wurde der neue, moderne Baukörper eingefügt

 

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Literatur

 

Ludwig Veit, Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 35

 

Richard Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953

 

Röttger, Bernh. Hermann, Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, Bd. XI, Bezirksamt Wegscheid, München 1924

 

Paul Praxl, Burgstall, Kirchdorf, Marktfreiheit, in: Beiträge zum neuen Hauzenberger Heimatbuch, 1999, Stadtarchiv Hauzenberg

 

Herbert W. Wurster, Die Geschichte der Pfarrei Hauzenberg von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Vorttrag vom 11.05.2005 im Rahmen der Hauzenberger Kulturwochen

 

Ders.: Das Bistum Passau und seine Geschichte, Bd. 2, Straßburg 1996

 

Bernhard Grueber und Adalbert Müller, Der bayrische Wald (Böhmerwald), Regensburg 1846

 

Karl Schlager, Fritz Biermeier, Ludwig Bauer, Zeichen der Frömmigkeit, Hauzenberg 1997

 

Hauzenberg und seine Kirchen. Herausgegeben im Auftrag des Kath. Pfarramtes Hauzenberg, 1994

 

 

 

 

[1] Richard Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953, S.96

[2] HStA, Oberster Lehenhof 62, fol. 53. Dieses 1460 angelegte Halser Lehenbuch registriert Lehensvergaben seit dem 13. Jahrhundert. Ausführlich dazu: Paul Praxl, Burgstall, Kirchdorf, Marktfreiheit, in: Beiträge zum neuen Hauzenberger Heimatbuch, 1999, S. 5. Auf Grund dieser Quelle hält Paul Praxl die Halser auch für die Stifter der Veitkirche in Hauzenberg. Das aber würde bedeuten, dass die Halser auch die Ortsgründer von Hauzenberg waren, und dafür wiederum gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

[3] HStA, Hochstift Passau Lit. 3, fol. 223 = Monumenta Boica, Bd. 28/2, S. 501

[4] HStA, Hochstift Passau Lit. 1575/1, fol. 5´= Maidhof Adam, Bd. 2: Die Urbare des Passauer Domkapitels vom 12. bis zum 16. Jahrhundert, Mü. 1933, S. 206 f.

[5] Herbert W. Wurster, Die Geschichte der Pfarrei Hauzenberg von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert, Vortrag vom 11.05.2005 im Rahmen der Hauzenberger Kulturwochen, S. 5

[6] ebenda S. 4 und S. 5

[7] Das Innbruckamt war im Anschluss an die Erbauung der ersten Innbrücke durch Bischof Reginhart im Jahr 1143 gegründet worden. Bald darauf erfolgte auch die Angliederung des hier gelegenen Hospitals für Arme und Pilger sowie der Kirche zum hl. Kreuz (später St. Gertraud) und der Pfarreien St. Severin und Münzkirchen. 1160 kamen hinzu die Kirche St. Ägidius und das in der Innstadt gelegene Leprosenhaus sowie weitere Pfarreien mit ihren Einkünften wie Hauzenberg und Kellberg.

[8] Siehe dazu: Herbert W. Wurster, Das Bistum Passau und seine Geschichte, Bd. 2, S. 37, Strasbourg 1996

[9] Dies belegt ein Vergleich mit dem Urkatasterplan von Hauzenberg, gezeichnet von Geometer Josef Hartmann, 1829. Bayer. Landesvermessungsamt München, Beilage zu N.O. XXVI.65: Markt Hauzenberg

[10] Siehe Bild S. 18

[11] Röttger, Bernh. Hermann, Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, Bd. XI, Bezirksamt Wegscheid, Mü. 1924, S. 39

[12] Haas, Joseph, Aquarellierte Federzeichnung 1720, HStAM PlSlg 5903

[13] R. Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953, S. 97

[14] Heider, Joseph, Regesten des Passauer Abteilandes, Mü. 1934, S. 33

[15] Richard Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953, S. 97

[16] Heider, Joseph, Regesten des Passauer Abteilandes, Mü. 1934, Nr. 790, S. 253

[17] Stadtarchiv Hauzenberg, 5/33, Protokoll der Gebäude, wie sie der Brandversicherung einverleibt sind, 1819

[18] Zur Frauenbruderschaft gehörte auch die ehemalige Spitalkapelle beim Kaufhaus Koller. Sie war laut Liquidationsprotokoll von 1839 „seit unfürdenklichen Zeiten Eigenthum der Frauenbruderschaft.

[19] Vermessungsamt Passau, Gemarkung Hauzenberg, 1839

[20] Stadtarchiv Hauzenberg, 14/9, Kirchenbau mit Zehentrechtstabellen

[21] Richard Miller, Geschichte des Marktes und der Pfarrei Hauzenberg, Passau 1953, S. 45

[22] Archiv des Bistums Passau, Pfarrarchiv Hauzenberg Nr. 15

[23] Stadtarchiv Hauzenberg, 14/9, Kirchenbau mit Zehentrechtstabellen

[24] Stadtarchiv Hauzenberg, 14/8, Zum Kirchenbau, Pläne u. Verhandlungen

[25] ebenda

[26] ebenda

[27] ebenda

[28] Deshalb fehlten, wie Hermann Röttger in den Kunstdenkmälern von Bayern feststellt, auf dieser Seite auch die spätgotischen Mauerteile. (siehe Grafik S.4)

[29] Siehe dazu: Karl Schlager, Fritz Biermeier, Ludwig Bauer, Zeichen der Frömmigkeit, Hauzenberg 1997, S. 83,

[30] Baukosten damals: 2313 Mark

[31] Protokoll der Visitationen des Dekanats Freyung im Abteiland Archiv des Bistums Passau, Generalakten1131, Visitationen des Dekanats Freyung im Abteiland 1736 erwähnt bei: Herbert, W. Wurster, siehe Anmerkung 5

[32] Details der Ausstattung aus der Vorgängerkirche wie das Ölbergrelief von 1582 (heute in der Werktagskirche) und mehrere interessante Grabtafeln sind beschrieben bei: Karl Schlager, , Fritz Biermeier, Ludwig Bauer, Zeichen der Frömmigkeit, Hauzenberg 1997, S. 34-38 sowie: Röttger, Bernh. Hermann, Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, Bd. XI, Bezirksamt Wegscheid, Mü. 1924, S. 39-48. Hier sind auch die wertvolle Monstranz aus dem 17. Jahrhundert, ein spätbarocker Kelch (um 1720) und 4 Altarleuchter (Rokoko um 1760-70) aufgeführt.

[33] Hermann Röttger, a.a.o. S. 44

[34] R. Miller, a.a.o S. 97

[35] Heider, Josef, Regesten des Passauer Abteilandes, Nr. 193, S. 71; MB 31 b, S.667 ff

[36] Heider, Regesten Nr. 195; MB 31 b, S. 701

[37] Hermann Röttger, a.a.o S. 24

[38] Bernhard Grueber und Adalbert Müller, Der bayrische Wald (Böhmerwald), Regensburg 1846, S. 150.

 

[39] Zur vollständigen und endgültigen Klärung der „sagenumwobenen“ Geschichte des wertvollen Hauzenberger Altares wäre eine zusätzliche, separate und detaillierte Untersuchung dieses Altaraufsatzes notwendig. Unklar bleibt, warum er laut R. Miller als „Freudenseer Altar“ auch in den Pfarrrechnungen aufgeführt ist. R. Miller, a.a.o S. 78.

 

[40] Zu den Bestandteilen des Flügelaltars im Detail: Karl Schlager, Fritz Biermeier, Ludwig Bauer, Zeichen der Frömmigkeit, Hauzenberg 1997, S. 27

[41] Hermann Röttger, a.a.o.S. 40

[42] Karl Schlager, Fritz Biermeier, Ludwig Bauer, Zeichen der Frömmigkeit, Hauzenberg 1997, S. 33

[43] Hermann Röttger, a.a.o S. 44

[44] Hauzenberg und seine Kirchen. Herausgegeben im Auftrag des Kath. Pfarramtes Hauzenberg, 1994, S.2

[45]  Hauzenberg und seine Kirchen. Herausgegeben im Auftrag des Kath. Pfarramtes Hauzenberg, 1994, S.2

 

Textbeitrag: Georg Schurm

Bis ins 15. Jh. reicht die Baugeschichte der Kirche St. Nikolaus zurück. Ab 1900 war Haag Expositur der Pfarrei Kellberg. Im Jahr 1921 wurde Haag zur selbständigen Pfarrei erhoben. Der gotische Chor der Vorgängerkirche wurde in den, im Jahre 1925 geweihten Kirchenneubau integriert. Seit 1985 ist Haag in den Pfarrverband Hauzenberg-Haag-Germansdorf eingegliedert. Nach aufwendigen Renovierungs- und Verschönerungsmaßnahmen ist das Gotteshaus ein Schmuckstück der Region. (Foto: Michael Bauer)
02_"St. Nikolaus" in Haag
Der Predigtstuhl. (Foto: Anton Kloiber) Die älteste Haager Kirche - Blick von der Empore in den Altarraum. (Foto: Pfarrchronik Haag)
Der Predigtstuhl. (Foto: Anton Kloiber)

 

Die Pfarrkirche Haag, mit dem markanten Kirchturm, ist in den Jahren 1923-1925 errichtet worden. Der damalige Pfarrer war Johann Nepomuk Moritz, der unter großen finanziellen Schwierigkeiten in Zeiten der Rezession den Kirchenbau vorantrieb. Als Architekt wurde der Augsburger Professor Michael Kurz hinzugezogen.

Nach der Fertigstellung musste die Kirchengemeinde noch zwei Jahre ohne Kirchenmusik auskommen. Erst im Dezember 1927, am Heiligen Abend, ertönte die neue Orgel zum ersten Mal. Sie war zweimanualig, wurde aber zunächst nur zur Hälfte eingebaut und dann im Jahr 1953 voll ausgebaut.

1935 wurde ein neuer Tabernakel angefertigt und einige Jahre später die Kreuzigungsgruppe von der Pfarrei Gottsdorf gekauft; sie soll aus dem 17. Jh. stammen. 1947 wurden die beiden Figuren der Hl. Maria und des Hl. Nikolaus vom Bildhauer Otto Zirnbauer aus Passau geschaffen. Im selben Jahr wurde das Dreifaltigkeitsbild im achteckigen Stern über dem Altar gemalt.

1954 wurde an der Südseite der Kirche das Kriegerdenkmal aufgestellt. Ein Jahr später wurde der neue Kreuzweg angeschafft. 1957 wurde eine Wasserleitung in die Vorräume der Sakristei verlegt. Das alte Glockengeläute bestehend aus 3 eisernen Glocken hatte 1958 ausgedient und es wurden 4 neue Glocken aufgehängt. Gegossen wurden sie in der Glockengießerei Perner in Passau. Gleichzeitig fand eine Außenrenovierung statt.

1964 wurde eine moderne Umluftheizung installiert. In den Jahren 1970/71 wurde eine grundlegende Innenrenovierung vorgenommen, bei der die Kirche ausgeräumt wurde. Der Hochaltar verschwand und im Zentrum des Presbyteriums wurde ein Volksaltar aufgestellt. In der Form eines Quaders, aus heimischem Granit gestaltet, der in den Brüchen von Kaltrum bei Hauzenberg ansteht, bildet er auch den Mittelpunkt der Gottesdienste.

Ausgeräumt wurde ebenfalls das Speisgitter, der Zugang zum Chorraum war nun frei über zwei Stufen erreichbar. An die Stelle des Hochaltares kam ein neuer, modern gestalteter Tabernakel. Die Kreuzigungsgruppe wurde an die Seitenwand gehängt, dort wo früher der Predigtstuhl, die Kanzel seinen Platz hatte. Die Kirchenbänke wurden erneuert, lediglich in der „alten Kirche“ wurde die ursprüngliche Bestuhlung beibehalten.

Im nächsten Jahr 1972 war eine weitere Außenrenovierung notwendig. Eine neue, größere Orgel wurde 1983 eingebaut, was größere Umbaumaßnahmen an den alten Pfeilern erforderte. Die Orgel mit einem tief in den Kirchenraum ausladenden Orgelkasten stammt aus Plattling vom Orgelbaumeister Weise. 1989 wurde die Westseite des Kirchendaches neu eingedeckt und 1993 die Sakristei grundlegend renoviert.

Die sogenannte „Alte Kirche“ wurde 1997 erneuert, eine zugemauerte Fensternische wieder geöffnet und neue Bänke angeschafft. Im Zentrum wurde ein Taufbecken aufgestellt und dieser Raum dann als Taufkapelle bezeichnet.

In den Jahren 1999-2000 erfolgte die letzte große Innenrenovierung. Im vorderen Zentrum des Presbyteriums steht der neue Tabernakel, eingerahmt von einer Schalenkonstruktion aus Holzlamellen. In dieser lichtdurchlässigen Konstruktion findet die Kreuzigungsgruppe wieder einen würdigen Rahmen. Ein neuer Ambo, wie der Tabernakel aus Hauzenberger Granit gefertigt, und Teile der neuen Seitenaltäre wurden aufgestellt. Auf den Seitenaltären, jeweils eine Granitsäule und ein halbrunder Tisch, stehen wieder links die Hl. Maria im Strahlenkranz und rechts der Hl. Nikolaus, unser Kirchenpatron. An den Wänden rund um den Altarraum befinden sich 12 so genannte Apostelleuchter. Die gemalte Dreifaltigkeitsgruppe an der Decke des Presbyteriums wurde restauriert, neue Leuchter im Kirchenschiff aufgehängt und die Kirchenbänke erneuert, wobei dieselben angeschafft wurden wie sie in der Taufkapelle stehen.

 

Die Haager Kirche vor 1923

Die heutige Taufkapelle ist zum großen Teil das Presbyterium der alten Haager Kirche. Beim Neubau der Kirche wurde die alte Kirche mit ihrem Holzturm großteils abgerissen, nur der Chorraum durfte als erhaltenswertes Altertum bestehen bleiben. Die Kreuz- bzw. Kappengewölbe und die Fenster in der Taufkapelle stammen aus dem 15. Jahrhundert.

 

Die Geschichte der Haager Kirche reicht also sehr viel weiter zurück, wenngleich über die Anfänge wie auch über die Baugeschichte der Vorgängerkirche nur wenig überliefert ist.

Noch an der Wende zum 20. Jh. war in der Kirche eine Glocke mit der Jahreszahl 1442 erhalten. Auch sind alte Kirchenbücher aus dem 15. Jh. vorhanden, die sich heute im Diözesanarchiv befinden. Und schließlich sind es die Stilformen des Chores, die in die Frühzeit des 15. Jhs. verweisen.[1] Man möchte vermuten, dass die Erbauer der Kapelle die Burgherren von Hochhaus, der 700 m nordwestlich gelegenen Burganlage waren, denn aus der Überlieferung ist die Kirche als die „alte Schlosskapelle“ bekannt.

Von dieser Kirche weiß man, dass sie im Jahre 1767 renoviert wurde, wobei wahrscheinlich die Sakristei angefügt wurde. Im Jahr 1897 wurde dann das Kirchlein noch um 3 m nach Westen verlängert und ein hölzerner Turm errichtet. 1901 bekam sie eine neue, eine dritte Glocke, die von Franz Berlinger (Diachtan) gestiftet wurde. 

1923 war schließlich das Dach so marode, dass es hätte hergerichtet werden müssen. Man entschloss sich dann aber zu einem Neubau und nach nur zweijähriger Bauzeit präsentierte sich die Haager Kirche im heutigen Erscheinungsbild.

 

 

Zur Haager Kirche gehört wie selbstverständlich die uralte Linde, die vermutlich so alt ist wie die alte Kirche. Die Linde ist ein Kultbaum, der nicht selten neben einer Kirche gepflanzt wurde und wird. Unter den Linden wurde Gericht gehalten, aber nur die niedere Gerichtsbarkeit, wie zum Beispiel Vergehen gegen die Dreifelderwirtschaft, Feuerordnung oder Arbeitsordnung.

 

 Bei den Linden wurde schon immer gebetet, getanzt und versammelt. Über die Linde wird gesagt, sie braucht 300 Jahre zum Kommen, 300 Jahre steht sie und 300 Jahre braucht sie zum Vergehen. Linden werden bis zu 1000 Jahre alt. Das Alter unserer Linde ist nicht bekannt – aber vielleicht stand sie sogar schon vor der Kirche und wurde als Dorfkultstätte in Ehren gehalten.

 

 

 

Die Haager Pfarrherren:

1900-1906 Josef Endl, Einzug in den Pfarrhof 2.8.1900

1906-1910 Heinrich Stür

1910-1913 Karl Hirsch

1913-1915 Ludwig Mitterer

1915-1936 Johann Nepomuk Moritz

1936-1940 Johann Baptist Kagerer

1940-1952 Georg Bieringer

1952-1962 Lorenz Zacher

1962-1974 Nikolaus Ruderer

1974-1985 Dr. Alois Arndt

In Haag beerdigt sind die Pfarrherren: Josef Endl, Johann Nepomuk Moritz und Georg Bieringer. 1993 wurde der in Pisling gebürtige Pfarrer Josef Kümmeringer (Langer) hier begraben.

Selbständige Pfarrei ist Haag seit 1921. Seit 1985 gehört Haag zum Pfarrverband Hauzenberg-Haag-Germannsdorf (link).

 

Arbeitskreis Dorfgeschichte Haag

Textbeitrag: Anton Kloiber

 

Literatur:

Röttger 1983

B. H. Röttger u. a., Die Kunstdenkmäler von Bayern. Niederbayern. Bezirksamt Wegscheid XI, Wien 1983 (unv. Nachdr.)

 

 

In Haag wird des heiligen Nikolaus gedacht

Die Haager Kirche steht unter dem Patrozinium des hl. Nikolaus. Eine Begebenheit, die die Hauzenberger Nikolausgilde in besonderer Weise mit Haag verbindet. Seit Jahrzehnten ist es für die Mitglieder Tradition, am zweiten Sonntag im Oktober zur Nikolauskirche in Haag zu pilgern um dort eine heilige Messe zu feiern. Diese Wallfahrt bildet alljährlich den Auftakt für die anschließenden, vorbereitenden Besprechungen zum Nikolausfest.

Als im Jahr 2002 auf Initiative der Nikolausgilde eine in der Haager Kirche entdeckte Monstranz restauriert wurde, ergaben sich weitere Anknüpfungspunkte. Darin war eine Nikolausreliquie verwahrt.

Eine beiliegende, lateinisch verfasste Urkunde[2] bestätigt die Echtheit der Reliquie. Der Inhalt besagt, dass es sich um Reliquien des hl. Bischofs Nikolaus sowie des Evangelisten Lukas aus dem Reliquienschatzbestand des österreichischen Kaiserhauses handelt. Ausgestellt wurde die Urkunde vom Weihbischof des Erzbistums Wien und Weihbischof für das Bistum Passau unter der Enns, am 20.01. 1771.

 

 

 

 

[1] Röttger 1983, 37.

[2] Lesung nach H. Wurster, Diözesanarchiv Passau; ABP/05.PfAn/04/Haag

Textbeitrag: Emmi Federhofer

 

 

Das Kriegerdenkmal an der Kirchensüdseite

 

Es wurde am 1.August 1954 eingeweiht und besteht aus Granit. Die wesentlichen Teile sind ein Quader und ein Pyramidenstumpf, auf dem die Namen der 84 Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege eingemeißelt sind. Um eine kleine Anlage führt eine Mauer mit Pfeilern und Eisenketten dazwischen.

Schon in der Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg wurde über ein Kriegerdenkmal nachgedacht, doch es wurde kein Platz gefunden um es aufzustellen. Die in dieser Zeit gesammelten Gelder verfielen in der Währungsumstellung. Nach dem 2.Weltkrieg stellte man unter der Linde zunächst ein provisorisches Kriegerdenkmal auf, bestehend aus einem größeren Birkenkreuz und einer kleineren hölzernen Umfriedung. Beim Missionskreuz an der Ostseite der Kirche waren kleine Birkenkreuze mit den Sterbebildern der Gefallenen angebracht.

Der Vorstand des Veteranen- und Kriegervereins , Josef Bauer nahm die Sache in die Hand. Die Kirchenverwaltung stellte den Platz an der Südseite der Kirche zur Verfügung. Um die Finanzierung des Projekts zu sichern wurde im Gemeindebereich gesammelt, außerdem wurde ein Theater unter der Leitung des Pfarrers gespielt und der Erlös zur Verfügung gestellt.

An der Südseite der Kirche ist das Kriegerdenkmal angebaut. Es wurde am 1.August 1954 eingeweiht und besteht aus Granit. Die wesentlichen Teile sind ein Quader und ein Pyramidenstumpf, auf dem die Namen der 84 Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege eingemeißelt sind. Um eine kleine Anlage führt eine Mauer mit Pfeilern und Eisenketten dazwischen.

Schon in der Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg wurde über ein Kriegerdenkmal nachgedacht, doch es wurde kein Platz gefunden um es aufzustellen. Die in dieser Zeit gesammelten Gelder verfielen bei der Währungsumstellung. Nach dem 2.Weltkrieg stellte man unter der Linde ein provisorisches Kriegerdenkmal auf, bestehend aus einem größeren Birkenkreuz und einer kleineren hölzernen Umfriedung. Beim Missionskreuz an der Ostseite der Kirche waren kleine Birkenkreuze mit den Sterbebildern der Gefallenen angebracht.

Auf Initiative des Vorstandes Josef Bauer, nahm sich nun der Veteranen- und Kriegerverein der Sache an. Die Kirchenverwaltung stellte den Platz an der Südseite der Kirche zur Verfügung. Um die Finanzierung des Projekts zu sichern wurde im Gemeindebereich gesammelt, außerdem wurde ein Theater unter der Leitung des Pfarrers aufgeführt und der Erlös zur Verfügung gestellt. Die Weihe des Kriegerdenkmals nahm Pfarrer Lorenz Zacher vor. Zur Einweihung erschien auch der damalige Landrat Donderer aus Wegscheid.

Textbeitrag: Arbeitskreis Dorfgeschichte Haag

Die Kirchengeschichte von Germannsdorf ist im Vergleich zur Entwicklung des Schulwesens recht jung und kurz. Bereits zum Ende des 19.Jahrhunderts gab es einen geregelten Unterricht und ein erstes Schulhaus. Wegen der weiten Wege nach Hauzenberg und der religiösen Erziehung der Schulkinder sollte auf Wunsch des Bischöflichen Ordinariates schon viel früher eine Kapelle im Dorf erbaut werden. Schließlich wurde 1932 eine Schulkapelle errichtet.
03_"Christkönig" in Germannsdorf
Schulkapelle und "neue Kirche" in Germannsdorf Expositus Max Brandner Pfarrer Alois Miedl Pfarrer Anton Grillinger Pfarrer Willibald Nigl Germannsdorf mit Schulkapelle und Schulhaus Bei der Grundsteinlegung am 1. Juli 1951 Mehr als 100 000 Ziegel wurden geschlagen und gebrannt Bis zu 100 Menschen halfen jeden Tag beim Kirchenbau Frauen und Kinderarbeit war erlaubt (rechts Frau Grill, 1. Bub Max Florian) Fleißige Frauen und Männer bei der verdienten Pause Das Holz für den Kirchenbau wurde von den Bauern gespendet Unmengen von Bauholz wurden im Dachstuhl verbaut Mit "Schwaiberl" und viel Muskelkraft wurde der Dachstuhl aufgestellt Germannsdorfer Burschen beim Kirchenbau
Schulkapelle und "neue Kirche" in Germannsdorf

 

Die Geschichte der Pfarrei Germannsdorf

Weite und beschwerliche Wege zur Kirche gehörten in früheren Zeiten zum Leben der Menschen im Bayerischen Wald. In vielen Dörfern entstanden deshalb kleine Kapellen, in denen sich die Leute zu Andachten und Sterberosenkränzen trafen. Die „Bayerische Ostmark-Zeitung“ schrieb dazu: „Im Gegensatz zum flachen Land haben die Pfarreien im Bayerischen Walde die Eigentümlichkeit, dass ihr Sprengel zumeist zwar sehr ausgedehnt ist, dass sie aber nur wenig Exposituren, Nebenkirchen  und Hilfsgeistliche besitzen. Dieser Mangel wird von der Bevölkerung deswegen besonders schmerzlich empfunden, als die zu einer Pfarrei gehörigen Ortschaften und Siedlungen meist sehr zerstreut und weit voneinander liegen, die Straßen und Wege besonders bei schlechter Witterung äußerst beschwerlich zu passieren sind und der Winter meist sehr kalt ist und lange dauert.“


Ähnliche Verhältnisse herrschten auch in der sehr großen Pfarrei Hauzenberg. Besonders hatte die Schule in Germanndorf unter dem Mangel einer eigenen Kirche zu leiden. In den Klassenzimmern saßen 80 - 90 Schulkinder eng beisammen. Der Notgottesdienst in einem der Schulzimmer konnte natürlich für die vielen Kinder und erwachsenen Gläubigen nicht ausreichen.

Deshalb wurde schon 1916 vom Ordinariat die Errichtung einer Expositur und Erbauung einer Kirche in Germannsdorf angeregt. Diese Anregung fand „beim einflussreicheren und wohlhabenden Teil der Bevölkerung keine Sympathie“, heißt es in einem Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom 4. April 1918. Der im Jahre 1917 gegründete Kirchenbauverein musste seine Tätigkeit infolge allgemeiner Interesselosigkeit einstellen. Hintergrund für die ablehnende Haltung der so genannten wohlhabenden Kreise war, dass sich auf dem Hauzenberger Kirchplatz Bauern und Handelsleute trafen, dort ihre Geschäfte abwickelten und die gemeinsame Einkehr in den Wirtshäusern des Marktes genossen.

Die Entfernung war für sie keine Belastung, fuhren sie doch mit Kutschen, Laufwagerl oder Schlitten zur Kirche nach Hauzenberg. Dort hatten sie auch ihre festen Einstellplätze für die Gespanne. Ein Eintrag im Regestenbuch der Pfarrei Hauzenberg vom Mai 1929 beschreibt am besten die Stimmung: „Versammlung des Kirchenbau-Vereins Germannsdorf. Im Auftrag des bischöflichen Ordinariats soll wenigstens eine Schulkirche und allmählich eine Expositur Germannsdorf errichtet werden. Die Stimmung hierfür in der dortigen Bevölkerung ist am besten wiedergegeben mit den Worten, die der Bauer Frz. Xaver Pilsl (Ebner) von Ruhmannsdorf gesprochen. "Es scheint der neue Pfarrer will uns verkaufen“.

Nach einer von Kooperator Martin Killersreiter einberufenen öffentlichen Versammlung der Angehörigen des Schulsprengels wurde ein Schulkapellenbauverein ins Leben gerufen und am Fest des hl. Rupert 1930 wurde von Bischof Sigismund Felix die Kirchenstiftung Germannsdorf errichtet. Als Grundstock eines Stiftungskapitals wurde ein sechsprozentiger Goldpfandbrief im Nennwert von 500 Reichsmark überwiesen und die Genehmigung zur Abhaltung einer wöchentlichen Schulmesse in einem Klassenzimmer ausgesprochen.

Im Regestenbuch der Pfarrei Hauzenberg steht unter dem 14. Januar 1931: „Der Gedanke, in Germannsdorf eine Seelsorgestelle zu errichten macht einen bedeutenden Fortschritt dadurch, dass mit oberhirtlicher Genehmigung wöchentlich einmal im Schulsaal hl. Messe zelebriert werden darf. Es war eine selten schöne Feier, diese erste Messe.“

Am 1. Februar 1931 wurde die erste Kirchenverwaltung ordnungsgemäß gewählt und 1932 mit dem Bau der Schulkapelle begonnen. Wie im Regestenbuch festgehalten ist, hat sich besonders Kooperator Martin Killersreiter um den Bau verdient gemacht. Er startete eine Bettelbrief-Aktion und ließ mit dem Bau einfach ohne Genehmigung anfangen, ließ Steine hauen, kaufte 100 Zentner Zement und einen Waggon Kalk. Er wollte die Germannsdorfer für den Kirchenbau begeistern. Die Stimmung dafür war aber in den maßgeblichen Bevölkerungskreisen nicht vorhanden. „Der Zement verdarb, der Kalk wurde auf Nimmersehen verliehen, angekauftes Holz nicht mehr geliefert. Kurz alles schien verloren“, so steht es in den Aufzeichnungen der Hauzenberger Chronik.

Und weiter: “So kam man zu dem Entschluss, aus den wenigen noch vorhandenen Mitteln wenigstens eine Notkapelle, aber wohlgemerkt nur eine Kapelle für Schulkindermessen zu erbauen. So entstand die jetzige Schulkapelle, zu welcher am 28. August 1932 der Grundstein gelegt wurde (Plan von A. Recknagel, München) und die am 28 Oktober 1932 durch Domprobst Dr. Frz. Riemer benediziert wurde. Alle Wochen ist von jetzt an in der Schulkapelle zweimal hl. Messe“.

 

 

Über die Grundsteinlegung ist in der Festschrift zum 30jährigen Bestehen der Pfarrei Germannsdorf festgehalten: „Eine große Menge Kinder und Erwachsener waren am Sonntagnachmittag zur Grundsteinlegung herbeigeeilt. Man sah Herrn Bürgermeister Fisch von Germannsdorf, Herrn Hauptlehrer Krenn, die Herren von der Kirchenverwaltung, H.H. Katechet Schmidhofer und viele andere, die zusammen mit dem Architekten des Baues, Regierungsbaumeister Recknagel und Herrn Baumeister Matthias Bauer von Hauzenberg der Feier beiwohnten. H. H. Pfarrer Niederhofer schickte den Zeremonien eine stimmungsvolle Ansprache voraus, Gebete und Gesänge folgten, der Deckel des Grundsteines wurde mit 3 Kreuzen bezeichnet, die Allerheiligenlitanei rief den ganzen Himmel über den Kreis der Beter auf den Fleck Erde in Germannsdorf zusammen: „von allem Übel befreie uns o Herr!“ – Ist nicht die Arbeitslosigkeit das Übel aller Übel? Mögen die Bitten in Erfüllung gehen!“

Die Urkunde wurde feierlich verlesen. Darin steht:

Unter dem Pontifikat Papst Pius XI., als Paul von Hindenburg deutscher Reichspräsident und Sigismund Felix Frhr. v. Ow Bischof von Passau war, i. Jahre des Heils 1932, am 28. August, legte der H. H. Pfarrer Franz Niederhofer v. Hauzenberg – im 25. Jahre seines Priesteramtes – den Grundstein zu diesem kleinen Gotteshaus.

Die Mittel zu dem teilweise hölzernen Bau wurden trotz der Not der Zeit von den Gläubigen aus Germannsdorf und den Nachbargemeinden aufgebracht, damit die Schulkinder und die Kranken öfter und leichter den Segen des hl. Messopfers erfahren. Zum Patron wollen wir den deutschen hl. Kirchenlehrer Petrus Canisius erwählen, damit er die Kinder im hl. Glauben lehren und unser Volk nach Krieg und Not aufrichten und von aller Zwietracht befreien helfe. Der Segen Gottes, des +Vaters, des + Sohnes und des + Hl. Geistes komme über diesen Ort und alle, die hier Gutes tun, arbeiten, beten und wirken.

gez. Franz Niederhofer, Pfarrer

gez. Josef Fisch, Bürgermeister

gez. Anton Recknagel, Architekt

gez. Matth. Bauer, Baumeister"

 

Zur feierlichen Einweihung am 28.Oktober 1932 waren Bürgerinnen und Bäuerinnen aus Hauzenberg und Germannsdorf in der Tracht mit der Goldhaube erschienen; ein selten festlicher Anblick. Germannsdorf hatte reichen Flaggenschmuck angelegt, mit Tannengrün waren alle Häuser und die Straßen geschmückt, Knappschaft und Feuerwehr waren mit Fahnen aufgeboten, Schulkinder mit Girlanden in den Händen standen Spalier, Lehrerschaft, Gemeinderat und Kirchenverwaltung erwarteten den Hochwürdigen Herrn, den das Töchterlein des Herrn Hauptlehrers Krenn mit einem Gedicht begrüßte.

Das feierliche Hochamt zelebrierte der Hochwürdigste Herr Domprobst selber unter Assistenz des H. H. Pfarrers Niederhofer von Hauzenberg, des H. H. Pfarrers Killersreiter und der Kooperatoren von Hauzenberg. Zum ersten Mal erklang das jubelnde Gloria, zur Wandlung läutete das Glöcklein und mächtig scholl am Schluss das Te Deum durch den Raum. Als die Geistlichkeit aus der Kirche auszog, wies die Schülerin Kathie Dorfer in einem Gedicht nochmals auf die hehre Bedeutung des  neu gebauten Gotteshauses hin.

Nun begab sich der Zug unter den schneidigen Klängen der Musikkapelle unter Vorantritt der Schuljugend und Vereine zum Gasthof Fesl, wo ein bescheidenes Frühstück eingenommen wurde. Unter der Anteilnahme der Bevölkerung und vieler Gäste fand nachmittags noch eine kleine Schlussandacht statt, welche die Schulkinder unter der Leitung von Fräulein Ummerer mit schönen Liedern umrahmten. Dann zerstreuten sich die Gäste, die sich allgemein sehr befriedigt über das Gotteshaus äußerten, das sich die Germannsdorfer errichtet hatten. Damit ist ein Kapitel Heimatgeschichte von Hauzenbergs näherer Umgebung neu eröffnet.

„In der Not der Zeit aus Holz gebaut

Und Deiner Fürsprach anvertraut:

Canisius lehre groß und klein,

Wie´s geht zum ew´gen Leben ein.

Weil schmal der Weg und auch die Tür´n

Die hin zu unseren Herrgott führ´n „


Dieser Spruch umrahmt von den Insignien des hl. Canisius – Reisehut, Stab und Mantel – steht auf der Tafel, die über dem Eingang der Kapelle angebracht wird. Die kräftigen Portale über dem Schutzdach zieren geschmiedete Nägel. Im Inneren fallen zunächst zwei ungleiche Brüder auf, der schlanke Weihbrunnkessel und der dicke Opferstock, beide aus Stein aber ebenso verschieden in Aufstellung und Form, als in ihrer Bedeutung. Der Kirchenraum ist hell und der Himmel sieht durch klare Fenster herein, die rotbraune Decke, das Ziegelpflaster, der weiße Altarraum, alles ist schlicht und anheimelnd geworden.

Die Glocke, die nun immer zum Kirchgang rufen wird, hat schon eine lange Geschichte. Nach dem russischen Feldzug wurde sie als Votivglocke gestiftet, zerschmolz dann beim großen Brand von Germannsdorf vor einigen Jahrzehnten und wurde nun wieder neu gegossen und für die Schulkapelle gestiftet. Der Hochaltar zeigt in der Mitte den hl. Canisius, umringt von einer Kinderschar, der eine Seitenflügel weist das Bildnis der hl. Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute auf, der andere Flügel dagegen den Volksheiligen unserer Tage, den seligen Bruder Konrad.

Vom August 1937 an wurde an jedem zweiten Sonntag durch einen Pater vom Passauer Klosterberg ein Gottesdienst gehalten. Um den Aufbau der jungen Seelsorgestelle bemühten sich außer Pfarrer Niederhofer die Hauzenberger Kooperatoren. Pfarrer Gensheimer ging wöchentlich nach Germannsdorf und baute den Kirchenchor auf. Am 14. September 1938 trat der Priester Max Brandner als erster ansässiger Pfarrer seine Stelle in Germannsdorf an, nachdem für ihn eine Wohnung im Inhäusl des Bauern Ritzer in Kollersberg gefunden war.

Im Regestenbuch ist unter dem Juni 1939 vermerkt: "Die Fronleichnamsprozession für Germannsdorf wird vom Landrat als nicht herkömmlich untersagt. Auch eine entsprechende Vorstellung des Pfarramtes im Auftrag der oberhirtlichen Stelle beim Landratsamt in Wegscheid blieb ohne Erfolg. Lieb Vaterland, magst ruhig sein!!!“


Am 16. Februar 1940 wurde durch den Diözesanbischof Simon Konrad die Ortskirchengemeinde Germannsdorf und mit Dekret vom 21. Dezember 1940 die Expositur Germannsdorf mit Max Brandner als ersten Expositus errichtet. Vom 16. November 1944 bis 15. Februar 1951 wirkte Alois Miedl als Expositus in Germannsdorf. Ihm folgte Kooperator Anton Grillinger, der vorher in Wegscheid tätig war. Das Bischöfliche Ordinariat erteilte ihm die Aufgabe zum Bau einer Kirche und eines Pfarrhauses. Sofort rief er die damalige Kirchenverwaltung zu einer Lagebesprechung zusammen.

Der Kirchenverwaltung gehörten an:

- Ludwig Waldbauer, Bauer aus Ruhmannsdorf als Kirchenpfleger,

- Josef Graf, Kaufmann aus Germannsdorf und

- Xaver Zillner, Landwirt aus Ruhmannsberg.

 

Als Grundstock für den Neubau der Kirche waren vorhanden:

Ein Eigenkapital von 600 Mark und

eine Spende vom Graphitwerk Kropfmühl mit 1000 Mark.

 

 

Der Bauplatz war bereits im Eigentum der Expositur, aber viel zu klein. 70 000 Ziegel waren bereits 1950 in Gemeinschaftsarbeit in der Nähe des Kirchplatzes hergestellt und gebrannt worden, außerdem waren 300 Zentner Kalk eingelöscht.

Der Bauplan wurde von Diözesanbaumeister Alfons Hornsteiner gefertigt.  

Es wurde eine Bauholzsammlung beschlossen. Auch die Waldbesitzer aus den umliegenden Dörfern brachten Holzspenden. Insgesamt kamen 250 Kubikmeter zusammen.

Auf einer alten Vollgattersäge schnitt Xaver Zillner das ganze Bauholz. Mit bis zu acht Pferdegespannen wurde der Sand von der Grube bei Ruhmannsdorf und vom Ödhof angefahren.  

Die Steine kamen aus dem „Zuschackbruch“ am Jahrdorfer Schacht.

Am 21. Mai 1951 begannen die Aushubarbeiten, alles mit Pickel und Schaufel. Täglich waren zwischen 70 und 100 Männer und Frauen auf der Baustelle. Hier bewährten sich besonders die Bergleute aus Kropfmühl und auch der junge Pfarrherr stand mit Pickel und Schaufel in der Baugrube. Die Leitung der Arbeiten lag in Händen von Johann Moser (Reiß). Am 12. Juni 1951 begann die Firma Anetzberger mit dem eigentlichen Bau. Der aus Ödhof stammende Maurerpolier Josef Greindl hatte die Aufsicht über die Maurerarbeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Allein die Grundmauern verschlangen täglich 30 m3 Steine. Wegen Stromknappheit standen die Ziegeleien still und so wurden unter fachkundiger Anleitung von Ludwig Deiner und Rupert Penzenstadler weitere 40 000 Ziegel geschlagen und gebrannt.

Am 1. Juli 1951 wurde durch den Hochw. Herrn Domprobst und Generalvikar Dr. Franz Riemer der Grundstein gelegt. Schon nach weiteren vier Monaten, am 12. Oktober 1951, wurde Richtfest gefeiert.

Die Turmzwiebel, die bereits im Holzgerüst fertig war zierte ein Bäumchen und ein Tannenkranz. Die Feier wurde umrahmt durch den Kirchenchor unter der Leitung der Lehrerin Apfelböck. Zu den Klängen der Musikkapelle Anetzeder (Wirt Sepp) zogen Gäste und Bauleute durch das geschmückte Dorf. Die Dachdeckerarbeiten führten die Firmen Gottinger aus Fürstenzell und Streifinger aus Tittling aus.

 

 Das Turmkreuz stiftete das Graphitwerk Kropfmühl. Angefertigt wurde es von Schlossermeister Matthias Fisch aus Germannsdorf.

Im Mai 1952 wurde die Lehmgrube am Friedhof mit Erdreich aufgefüllt und mit dem Innenputz begonnen.

Am 27. Juni 1952 erteilte Generalvikar Dr. Riemer dem neuen Kirchenbau die einfache Weihe und feierte auf einem Tragealtar aus Holz das erste hl. Messopfer der neuen Kirche.

Da die Schulkapelle abgerissen werden musste, um deren Material zu verwenden, wurde in einer feierlichen Lichterprozession das Allerheiligste in das neue Gotteshaus überführt. Unter großen Opfern und Schwierigkeiten war die Holzkapelle vor 20 Jahren erbaut worden. Nun sollte sie schon wieder zerstört werden! Nur unwillig und unter dauerndem Werben und Zureden des Seelsorgers fanden sich Freiwillige, um sie abzubrechen.

Im August wurde der eiserne Glockenstuhl der Firma Perner aus Passau aufgestellt.

Die erste Glocke konnte eine eindrucksvolle Geschichte aufweisen. Es handelte sich um eine Leihglocke, die von einem Lagerhaus in Plattling abgeholt wurde. Sie stammte aus Bösdorf bei Neisse in Schlesien und musste während des 2. Weltkrieges von der Heimatpfarrei abgeliefert werden. Wegen ihres hohen Alters (gegossen 1492) entging sie dem Schicksal anderer Glocken, im Krieg eingeschmolzen zu werden.

Germannsdorf erhielt die Glocke mit der Auflage, im Falle einer Rückkehr der Flüchtlinge in die schlesische Heimat, diese wieder zurück zu geben. Weil die Glocke schon nach ein paar Jahren einen Sprung hatte, wurde sie abgenommen und stand lange Zeit in einem Schuppen im Pfarrgarten. Zwischen 1985 und 1990 entdeckten ehemalige Bewohner des schlesischen Ortes, die jetzt in der Nähe von Hannover leben, die Glocke in Germannsdorf. Sie wurde ihnen als Andenken an ihre Heimat geschenkt.

 

Der Kirchenbau, ein großartiges Gemeinschaftswerk der Germannsdorfer Bevölkerung, ging im Herbst 1952 seinem Ende zu. Schon am 21. August konnte der Seelsorger mit seiner Mutter und seiner Schwester Marianne in den neuen Pfarrhof einziehen. Die schweren Altartische aus Granit wurden von der Firma Kusser in Hauzenberg gefertigt und am 16. Oktober in die Kirche gebracht.

Der Kirchweihtermin war auf den 19. Oktober festgelegt worden und der Pflasterleger verließ erst am 17. Oktober um halb 3 in der Früh seinen Arbeitsplatz. Bereits einen Tag später begannen die zweitägigen Feierlichkeiten der Kirchenweihe. Die eigentliche Weihe war am 19. Oktober 1952.

Darüber berichtete die Passauer Neue Presse: „Die Kirchweihe erfolgte unter stärkster Beteiligung der ganzen Gemeinde. Der Bischof hatte die Weihe wegen ihrer enormen Länge auf zwei Tage verteilt. Am Vortag des Kirchweihfestes traf er gegen 14.30 Uhr ein, wobei er die letzte Strecke des Weges von bunt geschmückten Pferden, der gesamten katholischen Jugend mit ihren Bannern und den Vereinen geleitet wurde. Triumphbögen, Girlanden und Fahnen begrüßten den Oberhirten in der Ortschaft. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Gemeindevertreter und einem Willkommenslied des Kirchenchores begann der erste Teil der Weihe mit dem Märtyreroffizium, den sieben Bußpsalmen und der Segnung des Gotteshauses außen. Dieser erste Teil schloß im Innern der Kirche mit der Allerheiligenlitanei und dem Streuen des großen Aschenkreuzes, in das der Bischof das griechische und lateinische Alphabet schrieb zum Zeichen dafür, dass die Frohbotschaft des Gotteswortes nunmehr in diesem Raum verkündet wird.

Die Hauptfeierlichkeiten vollzogen sich am Kirchweihtag selbst. Mit 16 Alumnen des Priesterseminars, welche die Weihegesänge und die Ministrierdienste ausführten, traf auch Domprobst Dr. Riemer noch ein, um gleichzeitig mit dem Bischof einen Seitenaltar zu Ehren der Gottesmutter zu weihen. Die Kirche wurde „Christus dem König“ geweiht. Mit großer Aufmerksamkeit folgte das Pfarrvolk der vier Stunden dauernden Feierlichkeit. Nach den reichen Zeremonien der Wasserweihe, Besprengung der Kirchenwände, Reliquienprozession, Salbung der Apostelleuchter und der Konsekration der Altäre hielt Bischof Simon Konrad eine kurze Festansprache, in der er das gläubige Volk aufforderte, das schöne Gotteshaus zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen und die Gnaden Gottes durch häufigen Besuch des heiligen Messopfers und Empfang der Sakramente zu gewinnen. Höhepunkt und Abschluß war ein Pontifikalamt des Bischofs, das durch den Kirchenchor mit einer Filke-Messe unter Orchesterbegleitung verschönt wurde. Ein gemeinsames Werk fand seine Krönung.“

Am 8. Dezember 1952 wurde auch der angrenzende Friedhof eingeweiht. Der Austragsbauer Matthias Schurm aus Kollersberg wurde am 30. Dezember 1952 als erster dort beerdigt.

 

Zur Pfarrei wurde Germannsdorf 1955 erhoben. In der Urkunde steht folgender Wortlaut:

„Gemäß den in diesem Stiftungsbrief sowie in unserer Errichtungsurkunde der Pfarrpfründestiftung enthaltenen Bestimmungen errichten wir hiermit, kanonisch rechtskräftig, mit Wirkung vom 1. März 1955 an, die Katholische Pfarrei Germannsdorf mit allen nach dem Allgemeinen- und Diözesanrecht einer Pfarrei zustehenden Rechten und Pflichten mit der Festsetzung, dass ihr Gebíet die bisherige Expositur Germannsdorf umfasst und unter gleichzeitiger Loslösung aus dem Bezirk der Pfarrei Hauzenberg. Zugleich erheben wir die bisherige Expositurkirche „Christus dem König“ zur Pfarrkirche mit allen nach dem kirchlichen Recht einer Pfarrkirche gebührenden Rechten und Auflagen. Hierüber lassen wir gegenwärtige Urkunde mit unserer eigenhändigen Unterschrift und unserem Siegel anfertigen.

Gegeben in unserer Bischöflichen Residenz zu Passau am Feste des heiligen Apostel Matthias 1955.

Bischof Simon Konrad Landersdorfer

Bischof von Passau“

 

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der jungen Pfarrei Germannsdorf war die Errichtung eines Kindergartens, verbunden mit einem Jugendheim mit Pfarrsaal und Bücherei. Pfarrer Willibald Nigl, der am

16. Mai 1966 dem Kirchenbauer Anton Grillinger folgte, machte es sich zur Aufgabe, den seit vielen Jahren gehegten Wunsch der Bevölkerung nach einem Kindergarten Wirklichkeit werden zu lassen. Der Caritasverband und das Diözesanbauamt unterstützten dieses Vorhaben, so dass am 9. Juni 1969 mit dem Bau begonnen werden konnte. Zugleich entstanden das Jugendheim und der Pfarrsaal. Die Jugend war vorher im Keller des Pfarrhauses untergebracht.

Im Herbst 1969 wurde schon Richtfest gefeiert und im Sommer 1970 war der Bau abgeschlossen. Am 1. September 1970 wurde der Kindergarten feierlich eröffnet. Die ersten Kindergärtnerinnen Ursula Schikora und Inge Gastinger konnten gleich 50 Kinder in Empfang nehmen. Die feierliche Einweihung nahm am 11. Oktober 1970 Caritasdirektor Prälat Penzkofer vor.

 

Als Pfarrer Willibald Nigl 1975 die Pfarrei Germannsdorf verließ, wurde sie eines der ersten Opfer der kirchlichen Gebietsreform. Wegen Priestermangel und den Bestrebungen nach der Gründung von Pfarrverbänden kam kein Ortspfarrer mehr. Mit der Pfarrei Germannsdorf wurde der Pfarrverband Hauzenberg gegründet. Mit der Verwaltung der Pfarrei Germannsdorf wurde Pfarrer Lorenz Rauschecker beauftragt.

Seither wird die eigenständige Pfarrei Germannsdorf von den jeweiligen Pfarrern in Hauzenberg verwaltet und von den dortigen Geistlichen betreut.

 

 Textbeitrag: Otto Donaubauer

Quellen:

Regestenbuch der Pfarrchronik Hauzenberg

Festschrift 30 Jahre Kirche Germannsdorf

 

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